Aufbauzeit nach dem zweiten Weltkrieg

Mit der Proklamation Nr. 2 der amerikanischen Militärregierung wurde am 19. September 1945 das Land Groß-Hessen gebildet. Neue Landeshauptstadt wurde am 12. Oktober Wiesbaden. Das hessische Staatsgebiet umfasste die ehemaligen preußischen Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden und den früheren Volksstaat Hessen. Die Kreise Ober- und Unterwesterwald, Unterlahn und St. Goarshausen sowie das linksrheinische Rheinhessen wurden Teil der französischen Besatzungszone und wurden in das Land Rheinland-Pfalz integriert.

Von dem neuen Land Hessen sagte der ehemalige hessische Kultusminister Erwin Stein 1963, es sei „Ausdruck eines territorial geschlossenen Staatsgebietes und einer organischen Gliederung innerhalb des durch die Zonengrenze noch zerstückelten Deutschlands ... Das Land Hessen ist ein auf der natürlichen Gruppierung von Volk und Land und auf geschichtlichen wie kulturellen Zusammenhängen gegründeter, wirtschaftlich und sozial leistungsfähiger Staat ...“

Die erste hessische Landesregierung mit Ministerpräsident Karl Geiler wurde von der amerikanischen Militärregierung ernannt und wurde am 16. Oktober 1945 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das politische Leben im Lande nahm danach schrittweise Gestalt an. Am 27. August 1945 gestattete die Militärregierung die Zulassung von politischen Parteien auf Kreis- und Ortsebene. Am 23. November schließlich wurde auch die Zulassung auf Landesebene gestattet und am 28. Februar 1946 der Zusammenschluss von Parteien für den Bereich der Besatzungszonen.

Eine Landesverfassung für Hessen

Ein weiteres bedeutsames Datum aus der Anfangszeit der jungen Demokratie ist der 30. Juni 1946. An diesem Tag fand die Wahl zur Verfassungsberatenden Landesversammlung in Hessen statt. Vom 15. Juli an berieten 42 Abgeordnete der SPD, 35 der CDU, 7 der KPD und 6 der LDP, der Vorläuferin der FDP, bis zum 29. Oktober 1946 über die Grundordnung des Landes Hessen.

Gegen die Stimmen der LDP wurde der vom 29-köpfigen Verfassungsausschuss erarbeitete Entwurf schließlich gebilligt und nach Genehmigung durch die Militärregierung der hessischen Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt. Am 1. Dezember 1946 entschieden sich 76,8 Prozent der Wahlberechtigten für die Annahme der Verfassung.

Die junge Demokratie musste von Anfang an schwierigste Alltagsprobleme bewältigen. Die Kriegsfolgen waren unvorstellbar: die Menschen litten unter Wohnungsnot, Verlust der Heimat und Identität, Zerstörungen und Mangel an den elementaren Gütern. Zahlreiche hessische Städte waren stark zerstört, so zum Beispiel Frankfurt, Hanau, Darmstadt, Gießen, Marburg, Fulda oder Kassel. Doch der Wiederaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft gelang verhältnismäßig rasch und dies nicht zuletzt dank der Hilfe der amerikanischen Besatzungsmacht.

Zu den größten Leistungen der hessischen Nachkriegsgeschichte zählt die Aufnahme und Integration von fast einer Million Flüchtlingen und Vertriebenen aus dem Osten. Unter Ministerpräsident Georg August Zinn wurden mit Hilfe des „Hessenplans“ unter anderem sowohl die Eingliederung der Neubürger als auch die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung von Industrieanlagen überall im Land erfolgreich in Angriff genommen.

Wirtschaftlicher Aufschwung in Hessen und der Bundesrepublik

Hessen entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einer prosperierenden Region. So wandelte es sich 1957 im Länderfinanzausgleich zum Geberland. In den folgenden Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde Hessen zu einem Vorreiter in der gesamten Bundesrepublik. Neben dem „Hessenplan“ war dafür nicht zuletzt die „soziale Aufrüstung des Dorfes“ verantwortlich. In den 60er Jahren entwickelte sich Frankfurt am Main zum Motor des Rhein-Main-Gebietes.

Nach der Teilung Deutschlands war Hessen in den geografischen Mittelpunkt der Bundesrepublik gerückt und Frankfurt wurde zu einem wichtigen Finanzzentrum. Hessens starke Position machte sich ebenso im Bundesrat bemerkbar. Hier hatte es die Stimmführerschaft der SPD-regierten Länder inne. Georg August Zinn führte eine Reihe von Prozessen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Bundesregierung Konrad Adenauers. So verhinderte er zum Beispiel die Einführung eines regierungseigenen Fernsehens. Stattdessen beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder in einem Staatsvertrag die Errichtung des ZDF als öffentlich-rechtliche Anstalt.