Seit dem letzten umfassenden Verkehrssicherheitsprogramm für Hessen im Jahr 1993 haben sich die Ziele, die technischen Möglichkeiten, aber auch die Herausforderungen für die Sicherheit im Straßenverkehr verändert. Mit dem neuen Hessischen Verkehrssicherheitskonzept 2035 (HVSK) gibt der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir den Handlungsrahmen für die künftige Verkehrssicherheitsarbeit in Hessen vor. Das neue HVSK reagiert auf die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und zeigt Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr in Hessen auf.
„Wir wollen, dass alle Hessinnen und Hessen so sicher wie nur irgend möglich am Verkehr teilnehmen und zwar unabhängig davon, ob und welche Verkehrsmittel hierfür genutzt werden“, so Al-Wazir. „Die Zahl der Verkehrstoten ist zwar seit Jahren rückläufig, aber jedes Opfer des Straßenverkehrs ist ein Opfer zu viel.“
Vision Zero
Im Jahr 2019 kamen auf Hessens Straßen insgesamt 224 Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ums Leben. 2020 waren es 19 weniger, der niedrigste Wert seit 1950. Die bislang bis einschließlich November verfügbaren Unfallzahlen des Jahres 2021 lassen hoffen, dass sich dieser Trend bezogen auf das Gesamtjahr 2021 fortsetzt. Bis 2035 soll die Anzahl an Getöteten und Schwerverletzten auf Hessens Straßen um zwei Drittel reduziert werden. „Und langfristig bleibt klar: Wir verfolgen die ‚Vision Zero‘, also Null Getötete und möglichst wenige Schwerverletzte auf Hessens Straßen.“
Dieses Ziel vor Augen, hatte die Landesregierung ein Expertengremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Verkehrswirtschaft, der Wissenschaft, der verschiedenen Interessenverbände und der Verwaltung unter Leitung des hessischen Mobilitätsbeauftragten Volker Sparmann mit der Ausarbeitung des Hessischen Verkehrssicherheitskonzepts 2035 beauftragt. „Die Stärke des Hessischen Verkehrssicherheitskonzepts 2035 ist die Kombination der verschiedenen Blickwinkel“, erklärte Al-Wazir. „Mein Dank gilt allen Beteiligten. Denn das Ergebnis ist ein kraftvolles Maßnahmenpaket mit 57 Einzelmaßnahmen für mehr Sicherheit für alle.“ Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt auf dem Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer wie Kinder, Senioren, Zufußgehende sowie Radfahrende.
Prävention im Fokus
Ein Fokus der Verkehrssicherheitsarbeit in Hessen liegt auf der Unfallprävention. Hier soll Verkehrserziehung, Verkehrsaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit vorbeugend wirken. Dies richtet sich vorrangig an Zielgruppen mit erhöhtem Verkehrsunfallrisiko wie Kinder, junge Erwachsene, Zufußgehende, Radfahrende sowie Seniorinnen und Senioren. Die Landesregierung wird auch weiterhin mit anschaulichen Kampagnen – etwa zu den Themen Rücksicht, Rasen und Ablenkung – Verkehrsaufklärung betreiben, damit gerade die schwächeren Verkehrsteilnehmenden sich auf den hessischen Straßen sicher bewegen können.
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur
Das Land Hessen wird den Bau und Betrieb von Straßen weiterhin als Einheit betrachten und das Konzept der „Sicheren Straße“ konsequent umsetzen. Hessen Mobil hat beispielsweise bereits 450 unfallauffällige Kurven entlang von Motorradstrecken mit einem Unterfahrschutz ausgestattet. Der Unterfahrschutz schließt die Lücke zwischen Bankett und Schutzplanke und reduziert dadurch Unfälle mit schwerwiegenden Verletzungen. Das HVSK 2035 sieht nunmehr eine generelle Nachrüstung entlang hessischer Motorradstrecken vor.
Ein weiterer Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sind die Qualitätsstandards und Musterlösungen für den Fuß- und Radverkehr in Hessen. Dabei werden gerade für Schulwege besonders hohe Anforderungen gestellt. Die Kommunen werden im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität durch Planungsinstrumente wie den Nahmobilitäts-Check und den Planungs-Check dabei unterstützt, Defizite zu erkennen. Die Umsetzung von Maßnahmen fördert das Land finanziell in der Regel mit 70 Prozent.
Neue Ideen für die Verkehrssicherheit
Neben baulichen Maßnahmen an der Infrastruktur und Verkehrsunfallprävention durch Aufklärungs- und Informationskampagnen verfolgt das Hessische Verkehrssicherheitskonzept 2035 auch vollkommen neue Ansätze wie z. B. die Einrichtung von Kinder- und Jugendverkehrsschauen, bei denen Polizei und Behörden unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Gefahrenstellen untersuchen. Ziel ist es, aus der speziellen Sicht und der Erfahrung von Kindern und Jugendlichen heraus verkehrskritische Bereiche zu ermitteln und zu entschärfen.
„Wenn Kinder und Jugendliche motiviert werden sollen, sich einzubringen, muss deren Engagement auch gehört werden und Wirkungen haben. Das ist die Chance, aus der speziellen Sicht und der Erfahrung von Kindern und Jugendlichen heraus verkehrskritische Bereiche zu ermitteln und zu entschärfen“, so Minister Al-Wazir. „Darüber hinaus kann die aktive Einbindung von Kindern und Jugendlichen in die Verkehrssicherheitsarbeit ein bewusstes Verhalten im Straßenverkehr fördern und so weitere Unfälle vermeiden.“